14. Dezember 2024
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Update: Wirecard Ex-Chef Braun wieder in Haft – Gewerbsmäßiger Bandenbetrug über 3,2 Mrd. €

Die Staatsanwaltschaft München hat den auf Kaution freigelassenen Ex-Chef von Wirecard, Markus Braun, wieder verhaftet. Ihm und zwei weiteren Führungskräften wird gewerbsmäßiger Bandenbetrug mit einem Schaden von 3,2 Milliarden Euro vorgeworfen. Die Zahlen sollen schon seit 2015 geschönt worden sein, so die Staatsanwaltschaft München I. 

Markus Braun Ex Wirecard CEO verlässt die Bühne Foto Imago Sven Simon
Ex-Wirecard Vorstandschef Markus Braun verlässt die Bühne
Foto Imago Sven Simon

( Update 22.7.2020, 17.30 Uhr) +++ Die Staatsanwaltschaft München I hat am 22. Juli 2020 aufgrund zuvor vom Amtsgericht
München erlassener Haftbefehle den ehemaligen Finanzvorstand der Wirecard AG (bis 2017), und den früheren Head of Accounting in München festgenommen. Gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden der Wirecard AG, Dr. Markus Braun, wurde ein neuer, erheblich erweiterter Haftbefehl beantragt und erlassen. Er wurde ebenfalls am Mittwoch in München festgenommen, als er seiner wöchentlichen Meldepflicht des außer Vollzug gesetzten Haftbefehles nachkam. Alle drei Beschuldigten wurden bereits der Haftrichterin vorgeführt, die auf Antrag der Staatsanwaltschaft Haftfortdauer angeordnet hat.

Die bisherigen intensiven Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I haben ergeben, dass der den Beschuldigten zur Last zu legende Sachverhalt erheblich erweitert werden muss: Insbesondere die umfassenden Angaben eines Kronzeugen, aber auch weitere Beweismittel wie Zeugenaussagen und Urkunden, begründen den Verdacht, dass die Beschuldigten Dr. Braun, L., von E. und B., der Geschäftsführer der Cardsystems MiddleEast FZ-LLC mit Sitz in Dubai, unter Beteiligung von weiteren Mittätern im Jahr 2015 übereinkamen, die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen der Wirecard AG durch das Vortäuschen von Einnahmen aus Geschäften mit sogenannten Third-Party-Acquirern (TPA) aufzublähen.

Das Unternehmen sollte finanzkräftiger und für Investoren und Kunden attraktiver dargestellt werden, um so regelmäßig Kredite von Banken und sonstigen Investoren zu erlangen und daraus fortwährend eigene Einkünfte zu generieren. In Wirklichkeit war den Beschuldigten spätestens seit Ende 2015 klar, dass der Wirecard Konzern mit den tatsächlichen Geschäften insgesamt Verluste erzielte.

Entsprechend dem gemeinsamen Plan und in dem Wissen, dass angeblich vorhandene Vermögenswerte in Höhe von zuletzt 1,9 Milliarden Euro (das entspricht ¼ der Bilanzsumme) nicht existierten, veranlassten die Beschuldigten die Verhandlung verschiedener Kredite und ähnlicher Geschäfte mit Investoren. Banken in Deutschland und Japan sowie sonstige Investoren stellten, durch die falschen Jahresabschlüsse getäuscht, Gelder in Höhe von rund 3,2 Mrd. Euro bereit, die aufgrund der Insolvenz der Wirecard AG höchstwahrscheinlich verloren sind.

Die Beschuldigten Dr. Braun, L. und von E. sollen zudem entgegen ihrer Verpflichtungen gegenüber der Wirecard AG das Vermögen des Unternehmens durch den Kauf von Unternehmen und Unternehmensanteilen zu überhöhten Preisen geschädigt haben.

Nach derzeitiger rechtlicher Prüfung werden den Beschuldigten in zum Teil verschiedenem Umfang gewerbsmäßiger Bandenbetrug, Untreue, unrichtige Darstellung und Marktmanipulation in mehreren Fällen vorgeworfen. Der jeweilige Tatbeitrag der einzelnen Beschuldigten kann aus ermittlungstaktischen Gründen noch nicht offengelegt werden. In Vernehmungen wird von einem streng hierarchischen System, geprägt von Korpsgeist und Treueschwüren gegenüber dem Vorstandsvorsitzenden als Führungsperson berichtet.

An den flüchtigen Ex-Vorstand Jan Marsalek, der in einem Privatjet nach Weißrussland geflüchtet ist und sich in Russland aufhalten soll, appellierte bei der Pressekonferenz am Mittwoch die Sprecherin der Staatsanwaltschaft, Anne Leidig, indirekt, sich zu stellen und sich als Kronzeuge zur Verfügung zu stellen: „Weitere Tatbeteiligte, die sich mit dem Gedanken tragen, zur vollständigen Aufklärung des Sachverhaltes beizutragen, weist die Staatsanwaltschaft darauf hin, dass § 46b StGB die Möglichkeit einer erheblichen Strafmilderung für Kronzeugen vorsieht. Klar ist aber auch, dass der Wert von Informationen mit Fortschreiten unserer Ermittlungen immer geringer wird.“

 


 

(Update 25.6.2020, 11.15 Uhr) +++ Heute hat die Wirecard AG, Aschheim im Landkreis München, ein Insolvenzverfahren beim Amtsgericht München wegen drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung gestellt. Der Vorstand teilte inzwischen mit, dass Wirecard Bank AG ist nicht Teil des Insolvenzverfahrens der Wirecard AG ist. Die BaFin hat für die Wirecard Bank AG bereits einen Sonderbeauftragten eingesetzt. Die Freigabeprozesse für alle Zahlungen der Bank werden zukünftig ausschließlich innerhalb der Bank und nicht mehr auf Gruppenebene liegen.

In einer Adhoc-Mitteilung teilte der Vorstand mit, dass die Wirecard AG hat im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit Kredite von Finanzinstituten in Anspruch genommen. Die Wirecard AG hat mit den Kreditinstituten Verhandlungen geführt und dabei die jüngsten Entwicklungen berücksichtigt. Ohne eine Einigung mit den Kreditgebern bestand die Wahrscheinlichkeit der Kündigung und des Auslaufens von Krediten mit einem Volumen von 800 Mio. EUR zum 30. Juni 2020 und 500 Mio. EUR zum 1. Juli 2020. Der Vorstand ist zu der Überzeugung gelangt, dass in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit eine positive Prognose nicht gestellt werden kann. Damit sei die Fortführbarkeit des Unternehmens nicht sichergestellt.

Der Börsenkurs der Wirecard-Aktie ist am Donnerstag noch einmal um 65 Prozent eingebrochen und lag um 11 Uhr Vormittag unter vier Euro. Vor dem Kurseinbruch am 18. Juni wurde die Aktie noch mit ca. 100 Euro notiert.


(Update 23.6.2020, 15.40 Uhr) +++ Die Ermittlungsrichterin am Amtsgericht München hat den Vollzug des Haftbefehles gegen den Ex-Chef der Wirecard AG gegen eine Zahlung von fünf Millionen Euro ausgesetzt. Der Beschuldigte kommt nicht in Untersuchungshaft und muss sich wöchentlich bei der örtlichen Polizei melden.


(Erstmeldung 23.6.2020, 12.00 Uhr) +++ Die Staatsanwaltschaft München I hat am 23. Juni 2020 bestätigt, dass der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Wirecard AG, Markus Braun, festgenommen worden ist. Die Anklagebehörde hatte am Montag einen Haftbefehl wegen Bilanzfälschung und Marktmanipulation bei der zuständigen Ermittlungsrichterin des Amtsgerichtes München erwirkt. Der Österreicher ist am Montagabend aus Wien nach München gefahren, nachdem er von dem Haftbefehl erfahren hat, und sich der Polizei gestellt. Braun wird heute im Laufe des Dienstag der Ermittlungsrichterin vorgeführt werden, die entscheidet, ob Braun wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft bleiben muss.

Nach ihren bisherigen Ermittlungen legt die Staatsanwaltschaft München I dem Beschuldigten zur Last, gegebenfalls im Zusammenwirken mit weiteren Tätern die Bilanzsumme und das Umsatzvolumen der Wirecard AG durch vorgetäuschte Einnahmen aus Geschäften mit sogenanten Third-Party-Acquirern (TPA) aufgebläht zu haben, um so das Unternehmen finanzkräftiger und für Investoren und Kunden attraktiver darzustellen.

Besonders im Fokus der hinsichtlich dieses Tatvorwurfs erst seit wenigen Tagen laufenden Ermittlungen stehen angebliche Bankguthaben auf Treuhandkonten bei zwei philippinischen Banken in Höhe von mehr als 1,9 Milliarden Euro. Der Vorstand des Zahlungsdiensteabwicklers Wirecard hat in der Nacht von Sonntag auf Montag gegen 3 Uhr früh in einer adhoc-Mitteilung erklärt, dass diese Bankguthaben „mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestehen“.

„Nach derzeitiger rechtlicher Prüfung begründet das Verhalten des Beschuldigten den Verdacht der unrichtigen Darstellung jeweils in Tateinheit mit Marktmanipulation gemäß § 331 Handelsgesetzbuchs, § 119 Wertpapierhandelsgesetz in mehreren Fällen.“, erklärt die Oberstaatsanwältin Anne Leiding, Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft München I. Er habe seine Zusammenarbeit mit den Behörden zugesagt, so Leiding weiter.

Die Wirtschaftsprüfer von KPMG hatten festgestellt, dass für 1,9 Milliarden Euro Eigenmittel für Treuhandkonten in Asien keine Belege auffindbar waren. Wirecard musste schließlich am Montag zugeben, dass die Bankguthaben gar nicht existieren. Der Aktienkurs des Dax-Unternehmens ist in den letzten Tagen von 100 Euro um über 80 Prozent auf etwa 18 Euro (Stand 23.6., 14 Uhr) eingebrochen.

Wirecard mit Firmensitz in Aschheim im Landkreis München wurde 1999 gegründet und bietet Lösungen für den elektronischen Zahlungsverkehr sowie die Akzeptanz von Kreditkarten. Die Tochtergesellschaft der Wirecard  Bank AG hat eine Banklizenz und gibt selbst Prepaid-Karten heraus. Das Unternehmen beschäftigt 5.100 Mitarbeiter und hatte 2018 einen Jahresumsatz in Höhe von 2,02 Mrd. Euro.

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